ISTAF-Rekorde, Europarekorde, Landesrekorde: Das ISTAF INDOOR in der ausverkauften Uber Arena wurde am Freitagabend zur Rekord-Show. Die 12.100 Fans bewiesen beim größten Indoor-Meeting der Welt am Valentinstag ihre Liebe zur Leichtathletik mit lautstarker Unterstützung. Ohrenbetäubend wurde der Jubel, als Stabhochspringer „Mondo“ Duplantis scheinbar schwerelos über 6,10 Meter flog – so hoch wie kein anderer Athlet in der langen ISTAF-Geschichte, Meetingrekord. Erst der neue Weltrekord von 6,27 Meter war zu hoch für den Schweden. Im Kugelstoßring jubelte Olympiasiegerin Yemisi Ogunleye über den Sieg mit der Weltklasseweite von 19,42 Meter. Auf der Sprint-Bahn lief der deutsche Youngster Heiko Gussmann über 60 Meter (6,57 sec) zum U23-Europarekord und zum prestigeträchtigen Sieg. Über 60 Meter Hürden veredelte Marlene Meier ihren Triumph mit einer neuen Bestzeit (7,92 sec). Ohne Hürden setzte sich Rebekka Haase (7,26 sec) durch, im Hürdensprint der Männer Hallen-Europameister Jason Joseph (Schweiz; 7,63 sec). Den vierten deutschen Sieg auf der blauen Sprint-Geraden feierte Paralympicssieger Felix Streng mit dem neuen Deutschen 60-Meter-Rekord von 7,03 Sekunden.
Die Uber Arena in Berlin gehörte am späten Freitagabend Armand „Mondo“ Duplantis ganz allein. 12.100 Zuschauer schauten beim ISTAF INDOOR gebannt zu, als der Weltrekordler und Olympiasieger als letzter Athlet in Aktion seine Stabhochsprung-Künste zelebrierte. Bei seinem ersten Wettkampf des Jahres war erst der neue Weltrekord von 6,27 Meter zu hoch für den Ausnahmeathleten. Zuvor hatte er bereits 6,02 und 6,10 Meter gemeistert. Es waren die Sechs-Meter-Sprünge Nummer 92 und 93 für den 25-Jährigen. Die ersten beiden seiner einmaligen Karriere gelangen ihn ebenfalls in Berlin – bei der EM 2018 in Olympiastadion. Natürlich setzte sich „Mondo“ Duplantis damit auch an die Spitze der Weltjahresbestenliste und steigerte seinen eigenen ISTAF-Rekord um vier Zentimeter.
„Das Publikum war der Hammer, einfach umwerfend. Der Wettkampf hat sich richtig gut angefühlt. Das war wohl mein bester Halleneinstieg ever. Die 6,10 Meter haben sich wirklich gut angefühlt. Die Stimmung war verrückt. Die verrückteste, die ich jemals bei einem Hallenwettkampf hatte“, schwärmte „Mondo“ Duplantis. „Normalerweise steigst du so nicht in deine Hallensaison ein, normalerweise ist es etwas kleiner und ruhiger. Solche Wettkämpfe haben ein ganz anderes Level an Intensität.“
Auch hinter dem Überflieger erlebten die Zuschauer absolute Weltklasseleistungen. Emmanouil Karalis (Griechenland) meisterte im ersten Versuch 5,94 Meter und steigerte seine Bestleistung um zwei Zentimeter. Landesrekord – höher ist kein Grieche jemals in der Halle gesprungen. Erst 6,02 Meter waren ganz knapp zu hoch für den Olympia-Dritten. Auf den Plätzen drei und vier steigerten Oleg Zernikel (ASV Landau) und Bo Kanda Lita Baehre (Düsseldorf Athletics) ihre Saisonbestleistungen auf 5,70 Meter. „Beim ISTAF INDOOR habe ich immer am meisten Spaß. Das Publikum trägt einen, auch in schwierigen Momenten. Speziell wenn man den richtigen Song wählt“, so Oleg Zernikel.
Yemisi Ogunleye eine Klasse für sich
Mit einem lauten Schrei schickte Yemisi Ogunleye (MTG Mannheim) im fünften Versuch ihre Kugel auf die Reise. Deutlich hinter der 19-Meter-Marke schlug ihr vier Kilogramm schweres Arbeitsgerät ein. Exakt 19,42 Meter wurden gemessen. Damit war der Olympiasiegerin der Sieg beim ISTAF INDOOR nicht zu nehmen. Die 26-Jährige genoss die Stimmung in der proppenvollen Uber Arena sichtlich. Über Platz zwei und drei entschieden nur wenige Zentimeter. Den zweiten Platz schnappte sich Jessica Inchude (Portugal; 18,48 m) knapp vor Katharina Maisch (LV 90 Erzgebirge; 18,40 m), die ihre Saisonbestleistung um satte 30 Zentimeter steigerte. „Ich bin den Veranstaltern super dankbar, dass sie Kugelstoßen aufgenommen haben und ein tolles Event auf die Beine gestellt haben. Beim ersten Stoß war ich noch zittrig auf den Beinen, weil es so eine enorme Stimmung war. 12.100 Leute klatschen dich an, das ist einzigartig“, genoss Yemisi Ogunleye die einmalige Atmosphäre.
Der Youngster hat es allen gezeigt: Sensations-Aufsteiger Heiko Gussmann (Sprintteam Wetzlar) zeigte bei seinem ISTAF INDOOR-Debüt der Konkurrenz die Hacken und sprintete im 60-Meter-Finale mit 6,57 Sekunden zum Sieg. Damit bestätigte der 20-Jährige nicht nur seine Top-Form, sondern stellte in der Uber Arena auch den U23-Europarekord ein. Den hatte Chidiera Onuoha (ASV Köln) als Zweiter beim ISTAF INDOOR Düsseldorf am Sonntag aufgestellt. Das U23-Rekordformat vom europäischen Leichtathletik-Verband wurde erst vor Kurzem eingeführt, sodass nicht alle historischen Leistungen von unter 23-Jährigen einfließen.
Heiko Gussmann hält 9,82-Sekunden-Sprinter in Schach
Auf den letzten Metern wehrte Heiko Gussmann sogar den Angriff des Olympia-Vierten Akani Simbine ab. Der schnelle Südafrikaner (100-m-Bestzeit: 9,82 sec) wurde zeitgleich Zweiter. Rang drei ging an den Deutschen Hallenrekordler Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar; 6,61 sec). „Ich bin noch nie in einer so vollen Halle vor mehr als 10.000 Menschen gelaufen. Das Rennen hat sich hervorragend angefühlt. Ich habe vor einem Jahr die Trainingsgruppe gewechselt. Es hat etwas gedauert, dass sich das Training auszahlt, aber jetzt scheint es so weit zu sein“, jubelte Heiko Gussmann nach seinem Sprint-Coup auf der ganz großen Leichtathletik-Bühne. Vor dieser Hallensaison lag die Bestzeit von Heiko Gussmann übrigens bei 6,83 Sekunden.
Bei den Frauen gab’s sogar einen deutschen Doppel-Triumph – und wie bei den Männern entschieden Millimeter über den Sieg. Rebekka Haase gewann hauchdünn vor ihrer Vereinskameradin Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar; beide 7,26 sec). Rang drei sicherte sich Rani Rosius (Belgien; 7,28 sec).
„Ich bin hier erstmals vor elf Jahren gestartet, das ist Wahnsinn. Jetzt ist es mein erster Sieg beim ISTAF im Einzel, einfach geil. Und jedes Rennen hier macht richtig Bock. Im ersten Lauf habe ich den Start nicht richtig erwischt, hinten war gut. Im Finale war es genau umgekehrt. Das nächste Mal schmeißen wir beide Läufe zusammen, dann kommt eine top Zeit raus“, freute sich die 32-Jährige über ihren Triumph in der Uber Arena. Für sie war es das letzte Rennen der Hallensaison.
Marlene Meier glänzt erneut in Berlin
Nach dem Blick auf die Anzeigetafel kannte die Freude bei Marlene Meier kein Halten mehr. Mit 7,92 Sekunden war die Leverkusenerin so schnell wie nie, erst am Sonntag beim ISTAF INDOOR Düsseldorf war sie mit 7,97 Sekunden erstmals unter der Acht-Sekunden-Schallmauer geblieben. Ihre Top-Leistung veredelte die 22-Jährige mit dem Sieg in der Uber Arena. Speziell in der zweiten Rennhälfte spielte Marlene Meier ihre Klasse aus und setzte sich von Rosina Schneider (TV Sulz) ab, die in Düsseldorf noch mit 7,96 Sekunden knapp vor der Leverkusenerin gewonnen hatte. Die 20-Jährige lief als Zweite 8,01 Sekunden, Rang drei ging an Anna Toth (Ungarn; 8,03 sec).
„Ich habe keine Ahnung, was Berlin mit mir macht. Aber in Berlin, da läuft es einfach, da passt einfach alles zusammen. Diese Woche konnte ich den Spieß umdrehen und Rosina hinter mir lassen, das freut mich natürlich sehr. Es macht auf jeden Fall sehr viel Spaß, sich mit ihr zu duellieren und sich somit auch gegenseitig zu pushen“, jubelte Marlene Meier nach ihrem Sieg mit Bestzeit in der Uber Arena. Auch die knapp unterlegene Rosina Schneider war nicht unzufrieden: „So ist das eben in einem Duell, mal ist die eine vorn und mal die andere. Leider habe ich den Start heute nicht so gut erwischt und auch die zweite Hürde war nicht optimal, hinten raus bin ich dafür richtig gut gelaufen. Die Stimmung hier beim ISTAF in Berlin ist auch einfach ‚wow‘, total verrückt! Alle Plätze sind voll. Auch meine Familie war hier.“
Bei den Männern fiel die Entscheidung in einem engen Finale erst auf dem Zielstrich. Hallen-Europameister Jason Joseph (Schweiz) schnappte sich mit einem weit nach vorn gebeugtem Oberkörper mit 7,63 Sekunden den Sieg. Dahinter folgten quasi im Hundertstel-Abstand Rio-Olympiasieger Omar McLeod (Jamaika; 7,65 sec), Manuel Mordi (Hamburger SV; 7,67 sec) und Gregory Minoue (TV Kalkum-Wittlaer; 7,68 sec). „Ich bin super glücklich, dass ich gewonnen habe. Beim Reinkommen habe ich die Atmosphäre genossen – und die ganzen Fans. Für Indoor ist das wirklich riesig“, so Jason Joseph.
Plamena Mitkova siegt knapp vor Mikaelle Assani
Nach der krankheitsbedingten Absage von Olympiasiegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) wurden die Karten im Weitsprung neu gemischt. Die Chance auf den prestigeträchtigen Sieg beim ISTAF INDOOR ließ sich Plamena Mitkova nicht nehmen. Die 20 Jahre junge Bulgarin hob im vierten Versuch so richtig ab und landete erst wieder nach 6,85 Metern. Wie beim ISTAF INDOOR in Düsseldorf sprangen die Athletinnen aus der Take-Off-Zone. Der 40 Zentimeter lange Bereich mit 36-cm-Brett ermöglicht mehr gültige Versuche, hochmoderne Kameras messen die tatsächlich gesprungene Weite vom Absprung bis zur Landung.
Trotz einer Reihe guter Versuche musste sich Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden) knapp geschlagen geben. Die Hallen-WM-Vierte wurde mit 6,80 Meter Zweite und bedankte sich nach dem spannenden Wettkampf bei den frenetischen Fans in der Uber Arena. „Auch wenn es für mich schwierig war, in den Wettkampf zu kommen, bin ich dennoch zufrieden. Ich konnte nach dem ersten gültigen Sprung Selbstbewusstsein sammeln und mich mit jedem Sprung steigern. Da hat mich die Energie der Zuschauer sehr unterstützt“, schickte Mikaelle Assani einen Dank an die Fans in die Uber Arena.
Im „Hintergrund“ wurde beim ISTAF INDOOR außerdem die Weite nach klassischer Methode ermittelt. Da Pauline Hondema das Brett nahezu optimal traf, wurden 6,70 Meter ermittelt (Take-Off-Zone: 6,73 m). Damit steigerte die Niederländerin ihren erst in Düsseldorf aufgestellten Landesrekord um fünf Zentimeter. Eine weitere Bestmarke an diesem rekordträchtigen Abend!
Felix Streng sprintet im Para-Rennen zum Rekord
Den Auftakt zum rauschenden Rekord-Abend machte Para-Sprinter Felix Streng (Sprintteam Wetzlar). Der zweimalige Paralympicssieger katapultierte sich beim Para-Sprint über 60 Meter explosiv aus den Blöcken und zog der Konkurrenz unwiderstehlich davon. Mit 7,03 Sekunden war er eine Klasse für sich und steigerte seinen eigenen Deutschen Rekord – mit 7,07 Sekunden beim ISTAF Indoor am Sonntag in Düsseldorf aufgestellt – noch einmal um vier Hundertstelsekunden. Damit war er außerdem schneller als alle Para-Sprinter beim ISTAF INDOOR jemals zuvor: Den Meetingrekord aus dem Vorjahr von Maxcel Amo Manu (Frankreich) steigerte er gleich um zwölf Hundertstelsekunden.
„Nach den 7,07 Sekunden von Düsseldorf wollte ich unter sieben Sekunden laufen. Es war wieder super knapp, aber trotzdem eine Bestzeit. Die Art, wie wir Sportler hier präsentiert werden, ist genau so, wie wir uns das wünschen. Das inspiriert uns total. Es ist extrem cool vom ISTAF, diese Plattform zu bekommen“, erzählte Felix Streng nach seinem Meetingrekord. Hinter dem Hessen gingen die Plätze zwei und drei an zwei Trainingspartner aus den Niederlanden. Olivier Hendriks setzte sich mit 7,44 Sekunden knapp vor Levi Vloet (7,53 sec) durch.
„Die Stimmung war einfach einmalig“, sagte Meetingdirektor Martin Seeber. „Ich möchte mich ganz herzlich bedanken bei den genialen Fans und den herausragenden Athletinnen und Athleten. Gemeinsam haben sie Berlin ein einzigartiges Leichtathletik-Erlebnis geschenkt.“